WAS IST AYURVEDISCHE PSYCHOLOGIE?
Die ayurvedische Psychologie ist grundsätzlich ein klassisches traditionelles Teilgebiet der ayurvedischen Lehre. Allerdings bedarf es aufgrund der modernen westlichen Lebensweise einer zeitge- mässen Anpassung und Interpretation, welche den aktuellen Bedürfnissen adäquat begegnet.
Die ayurvedische Psychologie ist sehr ganzheitlich geprägt
Sie bezieht immer Körper, Geist und Seele mit ein. Zudem spielt die individuelle und allgemei- ne Spiritualität eine grosse Rolle. Spiritualität wird in diesem Kontext als Glaube oder Akzeptanz von etwas verstanden, was grösser ist als wir selbst und eine allumfassende Wirksamkeit hat. Dennoch ist sie frei von religiösen Strömungen.
Selbstverständlich dient auch der ayurvedischen Psychologie die vedische Philosophie und deren Texte als Basis, doch in der modernen Interpreta- tion ist sie durch zeitgemässe Coachingmethoden erweitert und vervollständigt worden.
Die drei grossen Grundpfeiler der
ayurvedischen Psychologie
Vor allem der letzte Punkt wird in der konventionellen Psychologie häufig unterschätzt, spielt aber gerade in unserer modernen westlichen Gesellschaft eine zentrale Rolle.
das allgemeine Wohlbefinden
Gesundheit von Körper, Geist und Seele
die individuelle Lebensfreude
Was ist unter Lebensfreude
zu verstehen?
Für den Begriff «Lebensfreude» gibt es keine ein- heitliche Definition (ähnlich wie für das komplexe Thema Stress), denn hierbei handelt es sich um eine sehr subjektive Erfahrung.
Unsere Lebensfreude hängt von unterschiedli- chen Faktoren ab, die sich gegenseitig bedin- gen oder beeinflussen können:
▸ körperliche, physische Aspekte
▸ energetische Aspekte
▸ emotionale Aspekte
▸ geistige Aspekte
▸ spirituelle Aspekte
Lebensqualität vs. Lebensfreude
Obwohl wir noch nie so einen hohen Lebensstan- dard wie heute in der westlichen Welt hatten, steht dies nicht in Relation mit der allgemeinen Bewer- tung der Lebensfreude. Viele Menschen fühlen
sich müde, leer und ausgebrannt – obwohl alle wichtigen Grundlagen für ein zufriedenes Leben grundsätzlich erfüllt sein könnten. Woran liegt das?
«Wir ertrinken in äusserer Fülle und verdursten durch innere Leere»
Ego vs. wahre Intelligenz (Buddhi)
Ein ayurvedischer Erklärungsversuch:
Lebensfreude kommt aus uns selbst und wenn wir im Einklang mit uns selbst leben. Häufig wird fälschlicherweise die Zufriedenheit in äusseren Begebenheiten gesucht: zum Beispiel im Lebensstandard, der häufig nur auf materiellen Dingen, Besitz, Luxus und Geld beruht. Eine Erhöhung des Lebensstandards – ergo eine Vermehrung dieser materiellen Besitztümer – wird oftmals irrtümlicherweise mit einem Anstieg der Lebensfreude verwechselt. Denn diese äusseren Faktoren bringen immer auch eine Anhaftung mit sich. Diese ist wiederum bewusst oder unbewusst mit einer ständigen Verlustangst, Sorge und Unruhe verknüpft. So orientieren sich die Menschen immer mehr am Äusseren und vernachlässigen das Innere zunehmend.
egohaften Identifikation mit der Lebensfreude
Der Ayurveda geht davon aus, dass es hier zu einer egohaften Identifikation mit der Lebensfreude kommt. Das Ego sucht sich seine Bestätigung im Aussen und kann dabei unsere wahre innere Intelli- genz (Buddhi) übertönen.
Unsere wahre Intelligenz weiss, dass alles vergäng- lich ist und dass uns im Kern innere Faktoren wie Zufriedenheit, die Verbindung zu unserem höheren Selbst und Genügsamkeit wirklich wichtig sind. Die- se sind nicht nur wichtig für uns, sondern lebens- notwendig. Leider folgen wir mehr dem lauten Ego, welches sich in der Anhaftung übt, als der wahren Intelligenz, welche sich auf unsere innere Göttlich- keit bezieht.
Unsere wahre Intelligenz (Buddhi) kann auch als unsere ureigene Grundschwingung angesehen werden. Wenn wir uns in dieser befinden, dann funktioniert alles mit Leichtigkeit und wir befinden uns im Flow.
Unsere Sinnesorgane (Indriyas) werden von äusseren lauten Reizen, der Schnelligkeit des Alltags und diversen (Fremd-)Anforderungen ständig in Anspruch genommen. So kann die wahre Intelligenz nicht mehr gehört, geschweige denn wahrgenommen werden. Wir leben also nicht im Einklang mit unserer eigentlichen Grundschwingung. Das erzeugt eine innere Spannung und das ständige Ausreizen kostet Energie. Dies führt zu einer Dysbalance in unserem mentalen System. Wenn man die grund- legenden Aspekte unserer Gesellschaft denen unserer Grundnatur gegenüberstellt, so wird schnell ersichtlich, woher diese Diskrepanz zwischen Ego (Aussen) und Buddhi (Innen) kommt:
Ego Buddhi
Selbstverständlich gibt es einige äussere Anforderungen, die uns allen begegnen und die wir bis zu einem gewissen Mass erfüllen sollten (beispiels- weise Geld verdienen, um Leben zu können). Die Umsetzung und Interpretation dieser hat aber einen immensen Spielraum (wie viel Geld brauche ich wirklich für meine Grundbedürfnisse und wie viel, um meine angehäuften Luxusgüter in Stand halten zu können?).
Perfektionismus = ein unerreichbarer Qualitätsstandard
Auch aus ayurvedischer Sicht spielt das Thema Perfektionismus (wie in unserem Fallbeispiel oben) eine zentrale Rolle, denn es handelt sich dabei um einen Zustand, der künstlich und voller von aussen beeinflussten Erwartungen ist. Daher ist und wird dieser stets unerreichbar für uns sein, denn wir sind alle von Natur aus vollkommen, aber nicht perfekt.
Grundsätzlich geht es bei Erlangen der Lebensfreude schon darum, Anforderungen zu erfüllen,
die dadurch Zufriedenheit und Ausgeglichenheit erzeugen. Diese Anforderungen beziehen sich aber auf unsere inneren und tief empfundenen Bedürfnisse, entstehen also im tiefen Kern unserer wahren Intelligenz.
Beispiel für eine innere Anforderung:
Ich brauche Ruhe, um neue Energie zu tanken (Anforderung). Daher schalte ich alle elektronischen Geräte aus und gönne mir selbst einen ruhigen Abend mit Yoga und Meditation (adäquate Erfüllung dieser Anforderung).
Doch häufig werden die eigentlich wichtigen inneren Anforderungen durch äussere vermeintlich dringendere Anforderungen übertüncht. Wo können Letztere herkommen? – beispielsweise durch Erwartungen anderer, gesellschaftliche Konventionen, «allgemeingültige» Werte oder tiefsitzende Ängste.